Also in der Klinik wirst du wohl erst einmal Medikamente bekommen. Die sind zwar nicht so toll, aber leider zahlt die Krankenkasse noch nichts anderes. Ich persönlich finde die Kliniken der Orthomolekularmedizin besser, weil die das Blutbild genau bestimmen und dabei feststellen, welche Nährstoffe fehlen.
Anscheinend sind psychische Störungen sehr oft einfach durch eine Schieflage im Feinstoffwechsel bedingt. Man hat die Psychopharmakas eigentlich auch so entdeckt, indem man etwas für Stoffwechselprobleme gab und dann psychische Wirkungen feststellte.
Also wenn du solche Medikamente bekommst, betrachte sie einfach so, als wären sie eine Krücke zum Gehen. Schöner ist das Gehen ohne, aber wenn du keine hast, kannst du erst einmal überhaupt nicht gehen. Also nimm sie pünktlich und erzähle dem Arzt genau, welche Wirkungen du spürst. Sie wirken nämlich bei jedem ein wenig anders. Und manchmal verträgt man eines nicht, so dass man ein anderes braucht.
Die eigentlich Arbeit ist aber psychischer Natur. Dafür ist der Psychologe da. Wenn man Glück hat, liegt man mit ihm einigermaßen auf einer Linie und kann sich frei äußern.
Meine Theorie ist die: Man hat einerseits vielleicht eine Schieflage im Stoffwechsel, andererseits krankmachende Denkgewohnheiten. Deswegen muss man beides angehen.
Wenn du ein Auto hättest, würdest du sicher nicht erwarten, dass es ohne Benzin fährt. Und dir würde nicht einfallen, einfach bloß eine Tasse Cola einzufüllen. Aber die Menschen gehen mit ihrem Körper so um, als wäre er primitiver gebaut als ein Auto.
Jetzt nehmen wir einmal an, eine Gruppe Jugendlicher ernährt sich genau gleich: Der eine steckt das locker weg, wenn da ein wenig die Vitalstoffe wie Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe zu kurz kommen. Der andere hat aber von Haus aus sowieso schon eine schlechte Verwertung von dem einen oder anderen Stoff. Und wenn dann noch ein wenig Stress dazukommt, ist der Nährstoffspeicher auf einmal völlig leer, so dass weder der Körper noch der Kopf richtig funktionieren können. Das heißt, bei gleichem Verhalten wird der eine krank, der andere nicht.
Psychisch krank werden sowieso eher Leute, die ein wenig sensibler sind. Das hat eben Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass man auch schöne Dinge intensiver erleben kann. Vielleicht hilft dir der Gedanke gelegentlich, wenn es dir gerade nicht gut geht.
Wenn man sich selbst verletzt, richten sich praktisch die Aggressionen, die man gegenüber anderen hätte, gegen sich selbst. Man macht das als Ersatzhandlung. In Wahrheit ist man auf etwas außerhalb böse.
Das Auf und Ab der Gefühle, das du hast, ordnet man dem "sanguinischen Temperament" zu. Es gehört zu den Symptomen von manischen Depressionen. Das heißt, in der manischen Phase können Depressive übertriebene Aktivitäten entfalten. Und wenn sie sich dann nicht in Acht nehmen und vollkommen auspowern, fallen sie danach umso tiefer in ein Loch.
Ich habe mich als Jugendliche sehr oft so gefühlt und bin praktisch mit Todes-Sehnsucht aufgewachsen. Ich bin sehr froh, dass das hinter mir liegt. Aber bei mir könnte eine Unterfunktion der Schilddrüse der Auslöser gewesen sein.
Was mir meiner Meinung nach geholfen hat:
a) mehr Wasser trinken.
Klingt vielleicht komisch, aber das macht unheimlich viel aus. Und ich war vermutlich beinahe schon eingetrocknet. Am besten probierst du mal, wie du dich fühlst, wenn du schrittweise ein wenig mehr Wasser trinkst. Stell dir die Gläser einfach in den Weg, also dorthin, wo du dich meistens aufhältst.
b) mehr Bewegung.
Wenn man mal so richtig außer Puste gekommen ist, also beispielsweise beim Radfahren, kann man sich fast nicht unglücklich fühlen.
c) mehr Nährstoffe.
Vor allem haben mir persönlich Vitamin B1, B6 und B12 (mit Folsäure) geholfen. Ich war nämlich auch immer ziemlich anämisch. Und das Eisenpräparat hat nichts gebracht. Aber mit B12 und Folsäure hatte ich auf einmal auch genug Eisen im Blut... Sehr hilfreich ist für Depressionen auch oft Omega3. Da gibt es diese preiswerten Kapseln. Man stößt aber trotzdem manchmal so etwas wie Fischgeschmack auf. Nur ist das nicht so schlimm wie sterben wollen - oder?
Also das mit dem Omega 3 ist vor allem nach einer Schwangerschaft oder beim Stillen wichtig, weil das menschliche Gehirn sich zu 80 Prozent aus dieser Substanz zusammensetzt. Und das entzieht das heranwachsende Baby eben der Mutter. Daher kommen viele Depressionen im Anschluss an eine Geburt.
d) anderes Denken.
Überprüfe einmal, ob du dich als Handelnde erlebst oder als passiv Leidende. Wer sich als Leidender erlebt, fühlt sich ohnmächtig und ausgeliefert. Aber er hat den Vorteil, dass er nicht "schuld" ist. Wenn es keinen Vorteil gäbe, würden Leute sich ja nicht auf so etwas einlassen.
Nächster Schritt ist, dass man begreift, dass Handeln bereits bedeutet, dass ich eine Entscheidung treffe. Ich kann die Entscheidung treffen, dass ich die Dinge anders sehen will. Wenn man die Dinge anders sieht, reagiert man anders. Und darauf reagieren wieder die anderen.
Man muss sich selbst akzeptieren und mögen lernen. Das ist ziemlich schwierig. Aber man kann das lernen. Wichtig ist, dass man nicht selbstverliebt nur die schönen Seiten betrachtet, sondern wie bei einem Kind die Stärken und Schwächen gleichermaßen sieht und akzeptiert.
Und auf dieser Basis kann man dann entscheiden, dass man es verdient, glücklich zu sein. Jeder verdient das. Also brauchst du dir nicht anmaßend vorzukommen. Und du nimmst damit auch niemandem etwas weg. Glück ist genug für alle da, wir müssen es nur zulassen.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass man den Reichtum des Universums durch sich hindurchfließen lassen muss. Das heißt, man sollte keine raffende Haltung einnehmen, sondern eine dankbare, bei der man freigebig weitergibt, was man erhalten hat. Ist wirklich ein schönes Gefühl.
Vielleicht kannst du im Moment meine Anregungen noch nicht umsetzen, weil es dir wirklich nicht gut geht. Aber dann drucke sie dir aus und nimm sie mit in die Klinik. Du kannst auch gleich mit dem Psychologen über diese Gedanken sprechen, dann hast du einen Aufhänger.
Aber wenn du einen guten Moment hast, kannst du ja mal das eine oder andere ausprobieren und sehen, ob es dir damit schon ein wenig besser geht. Vergleiche dich nicht mit anderen, sondern sei stolz auf jeden kleinen Fortschritt. Du tust es für dich selbst - und für dein Lebensglück.
Es gab einmal einen Moment, da habe ich allen Ernstes geglaubt, sogar Gott müsste erleichtert sein, wenn er mich nicht mehr zu sehen braucht. Da war ich 25 und hatte ein kleines Kind. Dieses Kind ist heute selbst eine Mutter und sehr sehr glücklich. Ich bin dankbar, dass ich das erleben durfte. Heute bin auch ich ein Mensch, der froh durchs Leben geht.
Deswegen kann ich dir nur sagen: Lass es zu, dass du glücklich wirst, jeden Tag ein wenig mehr. Du weißt nicht, was du alles verpasst, wenn du jetzt alles hinschmeißt. Du bist nicht dazu da, um Erwartungen anderer zu erfüllen, sondern um glücklich zu sein.
Also freue dich an den Dingen, die es überall kostenlos gibt: das Zwitschern der Vögel, die Schönheit der Blumen, die Unfassbarkeit des Sternenhimmels. Jeder Moment, den du dich über etwas gefreut hast, gehört wirklich dir und kann dir von niemandem genommen werden, außer von dir selbst, indem du an ihm herummäkelst. Also sei klug und nutze diese Augen-Blicke...